EURO-TOUR 2016: 2500 km zu Fuß und per Rad von Breslau nach San Sebastian

01.06.16

 

Zwei Jahre Planung und Vorbereitung liegen hinter Ottmar Weigel und seinem Team. Zahlreiche Treffen, e-mails, Telefonate und viele, viele Stunden Arbeit waren notwendig, um ein solches Unterfangen vorzubereiten. Für zeitweise 50 Aktive waren Quartiere zu buchen, die Verpflegung sicher zu stellen, Routen zu planen und – nicht zuletzt –Unterstützung durch Sponsoren und die Repräsentanten der beteiligten Partnerstädte zu suchen. Da war der Startschuss, der am 15. Mai in Breslau für die Staffel fiel, auch eine Erlösung: Endlich geht es los!

 

Von Breslau nach Wiesbaden: 950 km in 6 Tagen

In ganz Mitteleuropa machte das Pfingstfest Schlagzeilen als das kälteste Pfingsten seit Jahrzehnten. Da war Breslau keine Ausnahme. Bei 6° und starkem Westwind froren die 12 Läufer, darunter „Veteranen“ des Eurolaufs 1991 wie Ottmar Weigel und Klaus Hultzsch sowie Marek Wiacek aus Breslau, ganz ordentlich, als sie am Pfingstsonntag offiziell und würdig per Startschuss von Stadtpräsident Rafal Dutkiewicz verabschiedet wurden.

 

 Startschuss Breslau

 

Erste Station war Görlitz: Läuferinnen und Läufer des heimischen Lauftreffs erwarteten die Staffelläufer, um die letzten Kilometer mit ihnen bis zum Rathaus zu laufen. Einem herzlichen Empfang auf dem zugigen Platz vor dem Rathaus folgte ein gemeinsames Abendessen mit den Läufern im polnischen Zgorzelec. Das Ziel am nächsten Tag war Dresden: Endlich Sonne und ein paar Grad mehr, da machten ein kurzer Stadtrundgang und der Besuch der Frauenkirche richtig Spaß. Die nächste Etappe hatte es in sich: Quer über das Erzgebirge führte die Laufstrecke bis nach Karlovy Vary, ebenfalls Partnerstadt Wiesbadens. Am höchsten Punkt bei Oberwiesenthal waren nicht nur Schneereste zu sehen, sondern auch Profi-Biathlethen im Sommertraining. Auf die Bergabstrecke hatte Ottmar sich gefreut, auf 4° Außentemperatur war er aber sichtlich nicht eingestellt.

In Karlovy Vary gab es ein herzliches Wiedersehen mit tschechischen Freunden, die ebenfalls schon 1991 dabei waren. Sie ließen es sich nicht nehmen, die deutschen Staffelläufer nach dem offiziellen Startschuss am nächsten Morgen noch eine beachtliche Strecke zu begleiten. Weitere Etappenziele waren Kasendorf bei Kulmbach – wer wollte, konnte das Kloster Vierzehnheiligen besuchen oder einen Abstecher zum Kloster Banz machen - und Bad Orb im hessischen Spessart. Schon in Dresden hatte das Staffelteam Verstärkung bekommen, nun stieg Rainer Sorgatz für die letzte Etappe des ersten Abschnitts mit ein.

Einer kurzen Begrüßung in Idstein durch den Bürgermeister folgte ein herzlicher Empfang in Naurod, den der Partnerschaftsverein sowie die TG vorbereitet hatten. Neben viel Nauroder Prominenz einschließlich Ortsvorsteher Wolfgang Nickel war auch Oberbürgermeister Sven Gerich zugegen. Begleitet wurden die Läufer von den Radfahrern, deren Einstieg in die Tour am nächsten Tag begann.

Ankunft der Läufer in NaurodEmpfangskomitee in Naurod

 

Viel Zeit war leider nicht, denn in Wiesbaden warteten Vertreter der Partnerschaftsvereine von Breslau und San Sebastian auf die Aktiven und am Abend war ein Abendessen in der Hockenberger Mühle vorgesehen, zu dem auch Sponsoren und Unterstützer der EURO-TOUR 2016 geladen waren.

 

Von Wiesbaden nach Fondettes: 850 km in 6 Tagen

Dem überaus herzlichen Empfang am Vorabend folgte eine beeindruckende Verabschiedung am nächsten Tag vor dem Wiesbadener Rathaus. Wieder war OB Gerich der Hauptredner, der auch den Startschuss gab und mehr als 30 Radfahrer unter dem Applaus der Läufer auf die Strecke schickte. Mindestens 15 Radfahrer der Rennradgruppe des ADFC begleiteten die Tourteilnehmer, was ein beeindruckendes Gesamtbild ergab und - ebenso wie die Polizeibegleitung bis an die Stadtgrenze - für Aufsehen am Streckenrand sorgte. Dank der Unterstützung aus dem Lauftreff konnten die Staffelläufer diese Strecke gelassen angehen und fanden Zeit für ein schönes gemeinsames Foto vor dem Biebricher Schloss.

Wiesbaden markierte für einige Staffelläufer bereits den Ausstieg aus der Tour, etliche andere kamen hinzu und zusammen mit den Radfahrern waren jetzt bereits 25 Personen auf der Strecke. Für alle eine Herausforderung war die Überquerung des Hunsrücks, um zum Quartier in Mehring an der Mosel zu gelangen. Noch schien die Sonne, und die Moselweine konnten im Außenbereich verkostet werden. Der Wetterwechsel kündigte sich aber schon am nächsten Tag an: Regen, Wind und ein Temperatursturz machte Läufern und Radfahrern zu schaffen.

So scheiterte eine schöne Idee: Alle Läufer und Radfahrer wollten sich vor dem konzeptionell und baulich runderneuten Mémorial de Verdun zu einem eindrucksvollen Gruppenfoto versammeln und auf diese Weise des 100. Jahrestages der Schlacht von Verdun gedenken. Doch der anhaltende Regen und die niedrigen Temperaturen trieben die Radfahrer weiter und so war es den Läufern überlassen, die überaus beeindruckende Ausstellung zu besuchen, die alle sehr berührt hat. 

Verdun

Die nächsten Etappenziele – La Rothière und Amilly – erreichten die Läufer und die Radfahrer auf getrennten Wegen, abends trafen beide Gruppen regelmäßig wieder zusammen.

Schließlich kündigte sich das nächste große Etappenziel und das Ende des zweiten Abschnitts an: Nach der Übernachtung in St. Laurent Nouant überquerten die Radfahrer erstmals die Loire und erreichten 20 km vor Fondettes Montlouis. Hier hatten die französischen Radfahrer das Zusammentreffen mit ihren deutschen Radfreunden geplant und landestypisch zur ersten Weinprobe geladen. Nach einer Kurzbesichtigung von Tours trafen an die 30 Radfahrer in Fondettes ein, wo auf dem Parkplatz von Lerclerc schon die Läufer warteten. Die Staffelläufer voran, die Radfahrer hinterher – so wurden die letzten Meter bis zum Rathaus zurückgelegt.

Fondettes Gruppe

Seitens der Fondetter begrüßten Philippe Bourlier als Vertreter der Stadt sowie Jean Pierre Choplain für den Partnerschaftsverein, seitens der Nauroder ergriffen Ottmar Weigel und Adi Raima das Wort. Martina Schaad dankte Michel Hubert für dessen unschätzbare Hilfe bei der Buchung der Quartiere in Frankreich und überreichte einen Nauroder Apfelbaum als nachhaltigen Dank. Läufer wie Radfahrer erhielten die eigens für die EURO-TOUR 2016 gestalteten Trikots. Die Übernachtung erfolgte wie immer in Privatfamilien, von denen sich einige zur Begrüßung ihrer jeweiligen Gäste bereits zu ersten kleinen Feiern zusammen getan hatten. Trotzdem, am nächsten Morgen konnte der Start fast pünktlich um 9:00 Uhr erfolgen.

 

Von Fondettes nach San Sebastian: 700 km in 5 Tagen

Um sechs deutsche sowie acht französische Fahrradfahrer verstärkt, allesamt in gelb-blauen EURO-TOUR 2016-Shirts gekleidet, war die Gruppe wirklich nicht mehr zu übersehen. 27 Rennradfahrer verkehrssicher und ohne nennenswerte Verkehrsbehinderungen über die Straßen zu führen, ist eine Leistung, die unseren Guides sehr gut gelungen ist. Loben muss man aber auch die Nachsicht der französischen Autofahrer, die es gelegentlich mit einem nicht ganz so disziplinierten Peloton zu tun hatten und dennoch selten ungeduldig hupten.

Auch die Läufer bekamen in Fondettes Verstärkung. Mit Peter Lipp und Michael Gurlt bereicherten zwei „frische“ und hoch motivierte Nauroder die Staffel und gaben ihre Begeisterung über diese Tour an alle weiter. Vom Start in Fondettes an begleiteten Carine und Laurent Marin die Gruppe – leider war eine weitere Unterstützung durch Fondetter Läufer entgegen früherer Planungen nicht gelungen.

Bei schönem Wetter hatten Läufer und Radfahrer ihre Freude an der schönen Gegend und genossen die Tour in vollen Zügen. Nach einer eher kurzen Tagesetappe von ca. 110 km war das Quartier in Aubigny früh erreicht. Ein Teil der Gruppe hatte das große Los gezogen und nächtigte außerhalb des Ortes am Rande einer Pferdewiese  in „Zirkuswagen“.

Roulottes Gruppe

Ähnlich einem Planwagen waren die Unterkünfte konzipiert, in denen in Doppelstockbetten bis zu acht Personen Platz finden sollten. Sehr romantisch war das, vor allen Dingen, als nachts ein Unwetter aufzog und haselnussgroße Hagelkörner niedergingen, die eines der Dächer zerschlugen und - ausgerechnet – den französischen Radfahrern vor die Füße und auf die Bettdecke fielen. Am nächsten Morgen war der Spuk vorbei, bis auf die Wasser- und Hagelschäden, und bei Sonnenschein konnte die Tour fortgesetzt werden. Noch bis zur Mittagszeit waren am Straßenrand immer wieder Reste des nächtlichen Unwetters zu sehen.

Die nächsten Etappenziele waren Marennes, Lacanau Océan und Mimizan Plage. Setzten Starkregen und unter Wasser stehende Straßen den Sportlern anfangs noch zu und verhinderte das geplante Austern-Essen in Rochefort, so wurde es nach dem Übersetzen über die Gironde bei Royan zumindest trockener, ab und an kam auch die Sonne durch. Wenig spektakulär war die Strecke von Soulac-sur-Mer nach Lacanau Océan: Immer dicht am Meer entlang, war vom Meer doch nichts zu sehen. Stattdessen endlos lange Straßen durch sandige Pinienwälder. Da war mentale Stärke gefragt, besonders bei den Läufern, die naturgemäß für die Strecke ein wenig länger brauchten als die Radfahrer und zudem häufig allein unterwegs waren. Groß war jedes Mal die Freude, wenn Radfahrer und Läufer sich auf den Strecken begegneten! Am nächsten Tag die Höhepunkte der Region: das Bassin d’Arcachon und die Dune du Pilat, das Quartier in Mimizan Plage nur einen Katzensprung vom Meer entfernt.

Dune du Pilat

Und schließlich die letzte Etappe: nur noch 160 km bis San Sebastian! Biarritz, St. Jean de Luz und dann Irun: Ankunft in Spanien, ein spanisches Empfangskomitee stand schon bereit. Die Freude bei Läufern wie Radfahrern war riesig: Endlich am Ziel, unglaublich!

Und dann dieser Empfang durch die Spanier: Zunächst wurden die Radfahrer von mindestens 40 spanischen Rennradfahrern und einigen Mountainbikern 21 km lang bis vor das Rathaus begleitet, Polizei mit Blaulicht vorn und hinten inclusive. Die sperrte auch schon mal die Autobahn und überfuhr rote Ampeln, um die Sportler pünktlich ans Ziel zu bringen. Dort wartete ein überaus freundlicher Empfang auf die überglücklichen Läufer und Radler, Reden, Imbiss und Getränke inclusive.

Ankunft der Läufer in San SebastianEmpfang im Rathaus in San Sebastian

Die Pause am nächsten Tag wurde zur Besichtigung der Stadt und für einen erholsamen Strandbesuch genutzt. Der Ausklang am Abend in einer „Sideria“ gab Gelegenheit, sich bei allen an der Organisation Beteiligten zu bedanken und Ottmar ließ es sich nicht nehmen, Urkunden an alle Teilnehmer auszugeben.

Damit ging die EURO-TOUR 2016 zu Ende. Sie hat einen wichtigen Beitrag zur Vertiefung der partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Wiesbaden und seinen Partnerstädten geleistet, die Bedeutung eines geeinten und einigen Europas unterstrichen und wird allen Teilnehmern nachhaltig in allerbester Erinnerung bleiben.

Mehr Fotos gibt es unter: www.facebook.com/eurotour16/

Dr. Martina Schaad