Jetzt kugeln sie wieder

03.04.22

Mit „Boule“ (von französisch la boule – die Kugel, der Ball) verbinden viele Menschen in Deutschland das vorwiegend von älteren Franzosen ausgetragene Freizeit-Kugelspiel, das bereits vor vielen Jahren von Frankreichurlaubern in unsere Heimat importiert wurde, oft viel Spaß und Entspannung verspricht und inzwischen auch hier immer beliebter wird. Die Kugelsportart „Boule Lyonnaise“ (aus der Region von Lyon) oder „Pétanque“ (Jeu de pieds tanqués – Spiel der geschlossenen / zusammengestellten Füße) ist jedoch ein Präzisionssport, bei dem das Ziel möglichst genau getroffen werden soll. Was beim Schießsport die Luftgewehrscheibe ist, nennt man beim Boulespiel „Cochonnet“ (Ferkel, Schweinchen). Professionelle Spieler sind in zahlreichen Vereinen organisiert, die wiederum unter dem Hut eines Pétanque-Verbandes sind. Sie treffen sich häufig zu Wettkämpfen und Meisterschaften. Dabei gibt es ein strenges Regelwerk, das beim Nichtbeachten sogar zum Ausschluss führen kann.

In Naurod ging es beim „Anboulen“ am Sonntag, dem 3. April 2022, wie immer korrekt und friedlich zu. Der Partnerschaftsverein Naurod – Fondettes hatte die Interessenten, die sich meistens schon seit Jahren kennen, zum Saisonauftakt zum „Boulespielen für Jedermann“ eingeladen, und 16 Personen waren trotz der frostigen Temperaturen zum Boulodrome hinter der Kellerskopfhalle gekommen. Ehrenvorsitzender Bernd Siebold begrüßte die Anwesenden herzlich, darunter Marita Roßbach, Karl-Heinz Henning und Petra Opitz vom Vorstand des Partnerschaftsvereins. In einem kurzen Rückblick erwähnte er, dass bereits im 5. Jahrhundert vor Christi Geburt mit Steinkugeln gespielt wurde, wie der Arzt Hypokrates von Kos berichtete. Von dem griechischen Gelehrten Julius Pollux wissen wir, dass ein Ziegelstein das Ziel der Kugeln war. Die Verlierer mussten die Sieger zur Strafe auf ihren Schultern bis zum Ziel tragen. Diese Vorstellung löste bei den Anwesenden große Heiterkeit aus!

Im Mittelalter wurde das besonders in Frankreich beliebte Kugelspiel oft von der Obrigkeit verboten, weil es zum Volksvergnügen ausartete. „Boule verführt zu lasterhaften Ausschweifungen und ist Ursache sonstiger Unverschämtheiten.“ Aber auch in London kannte man „Bowls“ bereits im 12. Jahrhundert. Bei diesem Wort denken Wiesbadener natürlich sofort an das „Bowling Green“ vor dem Kurhaus der Hessischen Landeshauptstadt. Bei den Olympischen Spielen im Jahr 1900 in Paris, die eigentlich „Internationaler Wettbewerb für Leibesübungen und Sport“ hießen, fand auch ein Wettbewerb in „Boules“ statt. Dieser war aber kein offizieller Bestandteil der Olympischen Sommerspiele.

Nach diesem interessanten geschichtlichen Rückblick wurden schnell die Mannschaften zusammengestellt, die meistens in der Formation als „Doublette“ (zwei Spieler bilden mit je drei Kugeln eine Mannschaft) gegeneinander antraten. Während auf den Büschen und an den Rändern des Spielfeldes noch die Schneereste des Vortages lagen, freuten sich die Spieler über die wärmenden Sonnenstrahlen und den blauen Himmel über Naurod. In den Spielpausen standen für alle von den Teilnehmern mitgebrachte Getränke wie Pastis (provenzalisches Anisgetränk), Wein und Knabbergebäck zur Verfügung. Nach knapp drei Stunden waren alle Spielpartien beendet. Gut gelaunt verabschiedeten sich die Spieler und freuen sich schon auf die nächste Begegnung in einem Monat am Sonntag, dem 1. Mai 2022, um 11 Uhr auf dem Nauroder Sportgelände in der Laurentiusstraße 36 – 38. 

Bernd Siebold